28.12.23

Der fernen Enkelin


 


 

 

 

 

 

 
 
 
 
 
 
Der fernen Enkelin

Ich wünschte mir, die Tage blieben stehn.

um dich als Mädchen noch einmal zu sehn,
mit dem ich unbeschwert tobe und lache
und dessen Schlaf ich im Dunkel bewache,
wenn du vertraut an meinem Atem liegst,
dich wie ein Kleid aus Wärme an mich schmiegst,
mit dem ich schuhlos durch die Wiesen streife,
den Lauf der Jahre ohne Schmerz begreife,
obwohl sie viel zu schnell für mich vergehn.

Ich wünschte mir, die Tage blieben stehn.

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11.12.23

Was es auch sein mag


 

 

 

 

 

 

 
 
 
 
 
Was es auch sein mag
 
Vielleicht der Wind.
Er treibt die Worte
für ein neues Gedicht
 
wild und geschwind 
entlang der Straßen
im Stadtlaternenlicht
durch diese Nacht
bis in die Träume. 
 
Mag sein, sie blühen dort.
In Anbetracht der Bilderfülle 
sind sie der Ursprungsort,
aus dem der Klang entsteht.
Ich frage: Ist es so oder so?
 
Nicht von Belang!
Mich finden Verse.
Wie bin ich winterfroh.


10.12.23

Was mir nachts fehlt



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
Was mir nachts fehlt

Ist meiner Söhne Duft,

der Garten, seine Sommerluft 

mit unverstelltem Blick ins All,

des Enkellachen Widerhall.

 

Die Weite über Wiesen, Licht

aus Bläue wie Vergissmeinnicht.

Der engen Freunde fröhlich Wort,

vom Lieblingslied der Schlussakkord.

 

Das grüne, weit entfernte Land,

on dem ich eine Heimat fand,

der gänseruferfüllte Wind

und Menschen, die gegangen sind. 

 

Das Dunkel wird zur Sehnsuchtszeit,

zugleich erfüllt von Dankbarkeit

für das, was mir das Leben gibt -

den, der mich unermüdlich liebt.


4.12.23

Fast am Jahresende



 

 

 

 

 

 

 

 

Fast am Jahresende

 

Fahlweiße Himmel. Dezember ist wieder.

Er bleicht die Tage mit Schleiern aus

bis hin zum Abend, senkt Stille hernieder,

baut sich aus Kälte ein Winterhaus.  

Setzt es den Bäumen bis unter die Kronen,

schmückt sie kristallen. Es ist die Zeit, 

unwiderruflich den Herbst zu entthronen. 

Das Jahr verengt sich. Mir wird es weit, 

da Raureifsterne die Zweige umschlingen.

Hauchzartes Leuchten im matten Grau -

Ich fühle Zauber mich wärmend durchdringen.

Im Schneelicht keimt schon Neujahresblau.



30.11.23

Erleichterung

 


 

 

 

 

 

 

 

 

Erleichterung


Ich flechte endlich wieder Wortgirlanden

als hätte es die Schweigezeiten nie gegeben,

in denen mich die Verse nicht mehr fanden,

als würden sie mir schweren Herzens widerstreben.


Der Herbst erst formte in mir neue Lieder,

fast ungewollt, erfüllt von einem langen Sehnen.

Sie sind zurück und finden ihre Noten wieder,

beginnen, sich ganz altvertraut in mir zu dehnen.


Novemberende. Kalte Winde wehen,

da warme Klänge vorerst zaghaft in mich dringen.

Nach langer Zeit ein erstes Wiedersehen

mit Strophen, die sich ihren Weg in mich erringen.


27.11.23

Trostmond


 








 

 

 

Trostmond


Aus Feldern ist vordem ein Ort geworden.

Das Goldgelb und 

sein süß-gewürzter Duft verschwanden,

wich Stadtranddächern im Berliner Norden,

wo Winde hastig gegen graue Wände branden.


Laternen streuen bleich getönte Leere.

Der Mond scheint ihrem Kegellicht zu unterliegen,

als ob er sich der eignen Kraft verwehre,

und wolle unentdeckt im Wolkenwald versiegen.

 

Umsonst. Die nebelhaften Schleier schwinden.

Ein Silberfaden säumt den Schattenriss der Bäume,

webt sich ins Laub danach, umschlingt die Rinden,

dringt vor bis in die engsten Straßenzwischenräume.


Vertrautes Nachtgestirn. Du strahlst wie immer,

beleuchtest warm den Ort um mich. Und die Gedanken.

Erleichtert trete ich in deinen Schimmer,

verspüre alte Stärke mich aufs Neu umranken.


8.11.23

Orion im Spätherbst


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
ORION IM SPÄTHERBST

Und wieder steigt er auf als der Novemberheld.
Die Gänse sind längst über uns hinweggezogen,
im Zwielicht  umweglos der Wärme zugeflogen.
Sein Gürtel funkelt dreigestirnt am Himmelszelt.

Verschwommen erst, dann wolkenlos und unverstellt
birgt er in sich die Botschaft naher Winternächte.
Ein Jäger, kämpfend gegen unbekannte Mächte,
als wisse er um Schmerz und Leid in meiner Welt.

Beim Blick zu ihm bin ich getröstet und erhellt,
von Zuversicht erfüllt, wie stets nach solchen Jahren,
die voller Nebel oder dichter Wolken waren.
Das Jahr versinkt. Ich breche auf, bin mutbeschwellt. 

 

4.11.23

Oktobervillanelle


 

 

 

 

 

Oktobervillanelle

 

Das Licht schmilzt früh an noch durchwärmten Tagen.
Am Himmel strahlen erste Winterzeichen.
Gilt es schon jetzt, das Jahr zu hinterfragen?

Es wird von hellen Schwingen fortgetragen,
markanten Rufen, die mich traut erreichen.
Das Licht schmilzt früh an noch durchwärmten Tagen

Derweil die Flügel regelmäßig schlagen,
und  Feuerfarben Bäume herbstlich streichen.
Gilt es schon jetzt, das Jahr zu hinterfragen?

Mir ist, als wolle ich der Zeit entsagen
beim Blick hinauf, ihr federleicht entweichen.
Das Licht schmilzt früh an noch durchwärmten Tagen.

In seinem Schein könnt ich den Aufbruch wagen,
erfüllt von einem Fernweh ohnegleichen.
Gilt es schon jetzt, das Jahr zu hinterfragen?

Und bleibe doch im Nahsein. Ohne Zagen.
Es erdet mich, wenn Träume sternwärts reichen.
Das Licht schmilzt früh an noch durchwärmten Tagen.
Gilt es schon jetzt, das Jahr zu hinterfragen?




21.12.22

Wie ein Regen ohne Tropfen



 
 
 
 
 
 
 
 
 Wie ein Regen ohne Tropfen

käme ich mir vor. Oder
eine Wüste ohne Sand,
ein Orkan ohne Auge.
ein Berg ohne Gipfel.

Wie ein uferloser Fluss,
eine blütenmüde Blume
oder eine schweigende
Nachtigall im Sommer.

Wenn du gingest. Jetzt,
da es noch grünt in uns.
 
Mitten im Herbst treibt
rauer Frost uns um.

 

30.5.22

Entrinnen

 

Entrinnen


Ich flüchte mich

ins Raunen des Windes 
im dichtbelaubte Ahorn
 
in das Wispern und Zischeln 
seiner sommergrünen Blätter
 
inmitten der Dunkelheit
auf dass es die Schreie übertöne
 
aus der mir unbekannten Ferne
und deren Echo in meinen Träumen
 
und Stille geboren werde
 nur durchdrungen von lauten

Nachtigallenrufen

29.7.20

Hinterm Dorf













Hinterm Dorf

Kornfelder. In der Ferne wie ein Saum
rahmt Laubwald sie und eine Straße weist
landeinwärts. Beide überragend kreist
ein Windrad. Rauschen füllt den weiten Raum.

Vom Dorf her nahen dichte Vogeltrauben.
Im Erntetaumel schwingen sie nach oben
und gleiten wieder abwärts. Furchen stauben
urplötzlich und versanden winddurchwoben.

Der Schwarm stiebt auf, verblasst und Wolkenscharen
versammeln eilig sich an seiner Stelle
als grauer Bausch, zum Bersten aufgeschwollen.

Von einer Böe wird Gras am Rand durchfahren,
zugleich verschwindet auch die Helle.
Dann regnet es. Gewitterdonner grollen.



3.7.20

Juniweg











Juniweg

Noch ist das Jahr
nicht übern Berg.
Ächzt und faucht
übers Tagesgeröll.

Selbst die Träume
stöhnen des Nachts
wenn der Abstieg naht,
grau geschottert.

Doch talwärts hin,
zum Sommermohn,
vibriert das Licht.
Monetgefärbt.


Inspiriert von Monets „Mohnfeld bei Argenteuil“


9.12.19

Analogon











Analogon

Sag, können Schmetterlinge 
ohne Flügel fliegen,
sich kalte Eisen 
ohne heiße Feuer biegen
und Ringe blauwärts strahlen
ohne den Saphir?

Er gehört zu ihr

wie Dünensand, an dem das
Meer ermüdet strandet
und Schilf, das wispernd 
einen Abendsee umrandet
gleich Schiffen nach der Reise,
festgemacht am Pier.

Er gehört zu ihr.

Wie sollten Bücher ohne
ihre Seiten leben?
Wie kann man Stoffe
ohne bunte Garne weben?
Erst wenn sich Tasten senken,
ertönt uns das Klavier.

25.11.19

Novembernächte. Herbstes Tage.

















Novembernächte. Herbstes Tage.

Mitte Sechzig.
 
Bleibt mir noch genügend Zeit
mit dem, den ich mir neu erliebe?
Für ein wenig forsche Weltaufmüpfigkeit,
von der ich gerne öfter schriebe?
(Und es dennoch meide, da mir Kühnheit fehlt 
dafür, trotz aller Lebensstürze.)
 
Immer wieder Grübelspuren.
Unrast schwelt in mir.
Es scheint, das Jahr verkürze sich im Alter,
hastet zwischen Kür und Pflicht.
Zu selten gibt es Mußestunden.
Meine Tage schwingen nicht im Gleichgewicht,
als ob sie selbst sich überrunden müssten,
ungezähmten Fohlen ähnelnd, wild.
Und ich pulsiere gleicherweise.
 
Doch am Abend, wenn das Dunkel
um mich steigt, pausiert das Rennen.
Meine Reise durch die Stunden neigt sich
warm und windgeschützt im Arm des Einen,
der die Gleise enden lässt und der nicht fragt,
ob es ihm nützt. Der möchte, dass ich Stille wage. 


Novembernächte. Herbstes Tage.

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12.11.19

Drei Haikus











Über den Bäumen
zinnoberrote Himmel
Herbstfeuer leuchten 












Launenhafter Wind
jagt durch Oktoberbäume
Pfützen erzittern 



Frühnebelschwaden
über Wiesen und Teichen
Ein Graureiher klagt